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Interview mit Renate Roittner

Obwohl Renate Roittner als Geschäftsführerin für den des Verein Aktion Leben tätig ist, verbringt sie einen Teil ihrer Arbeit mit der Familien- und Frauenberatung. Die Arbeit mit Menschen, insbesondere mit Müttern in Problemsituationen und das Aufzeigen von neuen Perspektiven und Lösungsansätzen sind sehr erfüllend für sie.
Erzählen Sie bitte kurz etwas über Ihre Person, wie sind Sie Geschäftsführerin des Vereins Aktion Leben geworden?
Ich bin eine Quereinsteigerin im Sozialberuf. Eigentlich habe ich eine kaufmännische Ausbildung (Studium der Betriebswirtschaft und 15 Jahre Berufserfahrung im Bankenbereich) .Nachdem dieses Aufgabenfeld für mich nicht mehr erfüllend war, suchte ich nach einer sinnstiftenden Tätigkeit im Sozialbereich und habe den Einstieg über die Caritas Familienhilfe, wo ich mehrere Jahre tätig war, gefunden. In dieser Zeit machte ich die Ausbildung zur Partner-, Ehe-, Familien- und Lebensberaterin. Nach Abschluss der Ausbildung begann ich bei Aktion Leben Salzburg als Familienberaterin zu arbeiten und absolvierte berufsbegleitend den Masterlehrgang. Da meine Vorgängerin sich im Juni letzten Jahres in die Pension verabschiedete, war es für mich naheliegend, mich um diese Stelle zu bewerben. Es ist für mich eine gute Möglichkeit, meine Kompetenzen aus beiden Berufsfeldern zu verbinden und einzubringen. Aus einer Reihe von Bewerber*innen wurde ich schließlich vom Vorstand als neue Geschäftsführerin ab Juli bestellt.

Was genau sind Ihre Aufgaben rund um den Verein?
Ich bin in einer Doppelfunktion tätig: 15 Wochenstunden arbeite ich noch in der Beratung, die mir nach wie vor sehr am Herzen liegt und mit 25 Stunden bin ich als Geschäftsführerin angestellt. Diese Aufgabe umfasst die Leitung der Beratungsstelle in der Hellbrunner Straße, die Regionalberatung und die Letztverantwortung für das Haus für Mutter und Kind, eine Wohngemeinschaft für Frauen, die ein Kleinkind haben und eine Ausbildung beginnen oder abschließen möchten. Der gesamte kaufmännische Bereich, von Ansuchen um Subventionen, Mithilfe beim Aufbringen von Finanzmitteln bzw. Spendengeldern, Erstellung des Tätigkeitsberichts, Kontakt nach außen bzw. Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung mit anderen Sozialeinrichtungen, Mitarbeiterführung und Teambildung, Teilnahme an der Vorstandssitzung und Generalversammlung usw. fällt in meinen Zuständigkeitsbereich. Es ist eine sehr vielfältige, abwechslungsreiche und verantwortungsvolle Aufgabe.

Warum halten Sie die Arbeit des Vereins für notwendig und wichtig?
Aktion Leben Salzburg ist für viele Schwangere und Familien mit einem Kleinkind oftmals die letzte Anlaufstelle, wenn sie in einer Krisensituation sind und nicht mehr weiter wissen und/oder alle anderen sozialen Mittel ausgeschöpft sind. Viele unserer Klient*innen haben kein soziales Netzwerk, wo sie Unterstützung erhalten. Oft geht es einfach auch um Information zum Thema Schwangerschaft und den damit zusammenhängenden sozialrechtlichen Ansprüchen wie das Kinderbetreuungsgeld, Versicherungsfragen, ... Zu uns kommen auch viele Frauen mit Migrationshintergrund, da ist Wissen um aufenthaltsrechtliche Themen gefragt. Ein großes Thema für viele ist, eine adäquate Wohnversorgung zu finden. In diesem Fall können wir nur eingeschränkt helfen. Sehr gut und gezielt helfen können wir mit unserer Kindersachenbörse, d.h. Familien in Not bekommen von uns eine Babyerstausstattung (Erstlingswäsche, Gitterbett und Kinderwagen – alles gebrauchte Sachen) Dazu gehört auch, dass wir für Familien in einer besonders schwierigen finanziellen Situation Windelgutscheine – durch die Kooperation mit dm drogerie markt – anbieten können. Das ist eine für uns, vor allem aber für die Familien, sehr wertvolle Unterstützung. Ein weiterer sehr wichtiger Schwerpunkt ist die Schwangerschaftskonflikt­beratung. Frauen, die ungeplant schwanger sind und vor der Entscheidung stehen, das Kind zu bekommen oder nicht, können am besten zusammen mit dem Partner zu uns in die Konfliktberatung kommen. Es ist mir wichtig, in diesem Zusammenhang zu betonen, dass unsere Beratung ergebnisoffen ist. D.h. die Entscheidung JA zum Kind oder Nein, muss die Betroffene selber treffen und auch die Verantwortung dafür übernehmen.
Wie werden Ihre Angebote in der Gesellschaft angenommen? Besteht eine große Nachfrage nach den Angeboten?
Unser Angebot wird sehr gut angenommen. Wir haben jährlich an die 500 Klientinnen und Klienten, die in ca. 1.600 Beratungsstunden ihre Sorgen besprechen können. An die hundert Ausgaben in der Kindersachenbörse haben wir im Jahr. Unsere Klient*innen kommen durch die Kinder- und Jugendhilfe, den Frauentreffpunkt, die Caritas und viele weitere Einrichtungen zu uns. Viele kommen aber auch durch Weiterempfehlungen von Freunden und Bekannten, die bereits bei uns waren oder durch die Recherche im Internet.

Was ist das Schöne an der Zusammenarbeit mit Familien/Eltern/Müttern?
Es ist sehr erfüllend, wenn man helfen und dazu beitragen kann, die Not zu lindern. Häufig ist gerade das aufmerksame und offene Gespräch wichtig. Einfach zuhören und Ansprechpartnerin in der Not sein hilft oftmals schon weiter. Schön ist auch, wenn Frauen wieder die eigene Kraft entdecken. Wenn wir Frauen unterstützen können, ihr Selbstvertrauen wiederzufinden bzw. sie stärken und mit ihnen gemeinsam eine Perspektive entwickeln, damit sie wieder positiv in die Zukunft blicken können. Es ist unglaublich, was manche Frauen leisten und sie haben kein Bewusstsein dafür, was sie bereits geschafft haben. Diesen Blick zu eröffnen ist sehr bereichernd. Die Unterschiedlichkeit der Klient*innen erweitert auch meinen Horizont. Ich lerne viele mögliche Lebensentwürfe kennen.


Gibt es ein Erlebnis oder eine Begegnung, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Ja. Eine junge Frau hat auf Grund unseres Gespräches sofort ihren Umgang mit dem Geld verändert. Sie hat unnötige Verträge gekündigt und somit vorgesorgt, dass sie bis zur Geburt des Kindes ihre finanzielle Situation klärt und dadurch ihren Lebensunterhalt und die Wohnversorgung absichert. Sie sagte: "Nach dem Gespräch hat es bei mir Klick gemacht. Ich wusste, ich muss sofort was ändern, sonst schaff ich das mit dem Kind nicht."
Eine andere Frau habe ich lange begleitet. Sie hat eine enorme Stärke und ein Selbstvertrauen entwickelt, dass sie schließlich eine Berufsausbildung – trotz zwei kleiner Kinder – begonnen hat. Sie kommt immer wieder und berichtet mir über den Fortschritt oder reflektiert Problemsituationen. Sie hat innerhalb 1 1/2 Jahren ihr Leben so geordnet, dass sie von drohender Wohnungslosigkeit ihren Wunschtraum – einmal auf Urlaub zu fahren – verwirklichen konnte.
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