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Vorgestellt: Wolfgang Gautsch, Lehrer an der ASO St. Anton und Initiator der „Chicken School“


Sie treten wertfrei auf uns zu, spenden Trost und Wärme und fördern das Empathievermögen, indem sie unverfälscht und unmittelbar auf ihre Umgebung reagieren: Wer bislang noch nicht wusste, dass Hühner wertvolle pädagogische Lehrmeister sind, wird durch das Projekt „Chicken School“ eines Besseren belehrt. Ihre Haltung, Pflege und das Endprodukt „Ei“
steht neben den lerntherapeutischen Aspekten dabei im Mittelpunkt. Wolfgang Gautsch, Lehrer an der ASO St. Anton sowie Hauptinitiator des Projektes, stellt die „Chicken School“ vor.



Wie ist die Idee der „Chicken School“ entstanden?

Bereits vor vielen Jahren habe ich damit begonnen, mit meinen SchülerInnen in der schulnahen Landwirtschaft der Caritas mit Tieren zu arbeiten. Waren es am Anfang die Kälber, welche mit Milch versorgt wurden, kamen später immer mehr Aufgaben hinzu (Stall ausmisten, Pferdeboxen einstreuen, Pferde striegeln, Schweine füttern, Streichelzoo betreuen, …). Bis zum Ende der Kooperation im Jahr 2016 durften wir einmal die Woche auch die Hühner versorgen. Vor allem der ungefährliche Zugang zu diesen Tieren, das Kennenlernen der Entstehung eines Produktes (Ei als Lebensmittel), eine Unmenge an Umsetzungsmöglichkeiten für den Unterricht (Ernährung und Haushalt, Werkerziehung, …) und die vielen positiven Rückmeldungen von SchülerInnen, KollegInnen und Eltern ließen mich immer wieder daran denken, einen eigenen Hühnerstall für die Schule anzulegen und das „alte“ Projekt wieder aufleben zu lassen.

Zusätzlich war ich mir sicher, dass gerade für meine SchülerInnen an der Allgemeinen Sonderschule St. Anton der Umgang mit Tieren zu einer Verbesserung ihrer Leistungen führen würde. Auch als Weg in der Berufsorientierung und -vorbereitung ist das Projekt „Chicken School“ für die SchülerInnen und mich sehr wertvoll. So können sich diese im geschützten Raum der Schule bestmöglich – also am realen Beispiel – auf ihr Arbeitsleben vorbereiten.

Was können die Schülerinnen im umgang mit tieren besonders gut lernen?

Es geht immer um zwei Dinge. Einerseits die Berufsorientierung und -vorbereitung: Die SchülerInnen lernen manuelle Tätigkeiten (z.B. das Reinigen der Ställe), sammeln Erfahrungen in dem Bereich der Arbeitshaltungen und -tugenden (z.B. Pünktlichkeit) und werden zur Selbständigkeit angeleitet. Und dann ist da noch die soziale Komponente. Neben dem Erlernen und Einhalten von sozialen Kompetenzen müssen die SchülerInnen, alle im Alter zwischen 14 und 18 Jahren, Verantwortung für ihr eigenes Leben übernehmen. Tiere bieten dabei ein perfektes „Spielfeld“ für soziales Lernen, da sie sofort Rückmeldung geben, wenn es ihnen schlecht geht. Hühner müssen gehegt und gepflegt werden, um das Produkt „Ei“ auch wirklich nützen zu können. Es gibt aber noch viele weitere Lernaspekte. So regen Hühner nicht nur zur Aktivität an, die Tiere treten den SchülerInnen auch unvoreingenommen gegenüber und fordern deren Einfühlungsvermögen und Verantwortungsgefühl.
Am wichtigsten ist für mich aber, dass die Hühner den Kindern und Jugendlichen Erfahrungsräume bieten, in denen sie Selbstvertrauen aufbauen und in ihrem eigenen Tempo in Beziehung treten können! Und das alles in einer fast „realen“ Arbeitssituation.




Hühner als Lehrmeister – Welche Erfahrung war bisher am überraschendsten für Sie?

Dass SchülerInnen Hühner, obwohl jene als Nutztiere gelten, gleich zärtlich, gleich vorsichtig und gleich verantwortungsvoll behandeln wie ihre geliebten Haustiere. Das Wohl der Hühner geht den Kindern und Jugendlichen ziemlich zu Herzen. Es war für mich über die Jahre sehr überraschend zu sehen, wie sich auch mein Bild von Hühnern – weg vom nur eierproduzierenden Nutztier hin zum „Hilfspädagogen“ – gewandelt hat.

Was mich im Zusammenhang mit der Einreichung des Projektes auch noch äußerst überrascht hat, ist der hohe Aktivierungsgrad von Freunden und Bekannten gewesen. Innerhalb einer Woche konnten über 500 Personen zum Mitstimmen motiviert werden. Auch ein großartiges Beispiel für ein gelungenes {miteinander}!





Wie haben Sie von der dm {miteinander}-Initiative erfahren?

Auf der Suche nach Projektpartnern für die „Chicken School“ bin ich im Internet auf die Initiative gestoßen. Vor allem die Ähnlichkeit vieler Projekte, die bereits in der Vergangenheit von dm gefördert wurden, mit meiner Idee, weckte in mir das Interesse an einer Einreichung.
Zeigt vollen Einsatz für seine Schützlinge: Wolfgang Gautsch vom Vorzeigeprojekt „Chicken School“ an der ASO St. Anton.
Auf du und du mit den Hühnern. Das Wohlergehen der gefiederten Freunde steht bei der „Chicken School“ jederzeit im Vordergrund.
Wo kommt’s her? Diese Frage stellt man sich an der ASO St. Anton nicht nur, wenn es um tierische Produkte geht. Hier zum Beispiel beim praxisnahen Unterricht an den hauseigenen Gemüse- und Kräuterhochbeeten.

Eine letzte Frage an Sie, Herr Gautsch:
Was bedeutet {miteinander} für Sie in Ihrem täglichen Tun mit den SchülerInnen?

An oberster Stelle steht natürlich die Motivation der SchülerInnen. Ohne deren Mitarbeit kann man kaum einen erfolgreichen Unterricht gestalten. Man könnte Projekte initiieren, so viel man will, aber diese würden keinen nachhaltigen, positiven Effekt haben. Es geht eben um ein Geben und Nehmen und das möchte ich betonen – von beiden Seiten, SchülerInnen und LehrerInnen. Es gehört für mich ebenfalls dazu, die SchülerInnen um ihre Meinung zu fragen, sie teilhaben zu lassen am Unterrichtsprozess und die Meinung auch zu respektieren. Unabdingbar ist für mich auch das Einbinden der Umgebung (Eltern, Begleiter, Therapeuten, …) in alle wesentlichen Entscheidungen. „miteinander“ im Sinne der Entwicklungsförderung von SchülerInnen heißt reden und zuhören!

Ein großes Zauberwort ist auch das „Netzwerken“. Schule, vor allem Sonderschule, schaut heute anders aus. Um den SchülerInnen einen guten bis sehr guten Einstieg ins Berufsleben zu ermöglichen, braucht man Partner aus allen Bereichen (Wirtschaft, Einrichtungen, Politik).
Nur {miteinander} können wir mehr aus unseren SchülerInnen herausholen!
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